Die Habenichtse (Katharina Hacker)

Personenbeschreibung

Isabelle Metzel
Designerin und Teilhaberin einer Grafik-Agentur, in bürgerlichen Verhältnissen in Heidelberg aufgewachsen, Mitte 30, verheiratet mit Jakob Metzel. Lernt ihren Mann zuerst bei ihrem Studium in Freiburg kennen und hat eine kurze Affäre mit ihm. Zehn Jahre danach sehen sich die beiden nach langem Single-Leben bei einer Party wieder, beginnen ihre feste Beziehung und heiraten. Zieht mit Jakob in ein gemietetes Reihenhaus nach London, als der dort eine berufliche Stellung annimmt. Wird als unsichere Persönlichkeit gezeichnet, auch sexuell: Lebt zu ihrer Berliner Zeit mit der lesbischen Fotografin Alexa zusammen, während sie gleichzeitig mit Männern ausgeht – Symptom für ihr Problem, sich für ein Leben zu entscheiden und festzulegen. Verstrickt sich in London in ein Abenteuer mit dem Kleinkriminellen Jim, dessen rohes und gewalttätiges Verhalten sie mehr fasziniert, als sie sich eingesteht. Entfremdet sich auch deshalb von Jakob.

Jakob Metzel
Anwalt, ebenfalls Mitte 30 und im bürgerlichen Milieu großgezogen, geprägt vom frühen Tod seiner Mutter, als er 12 Jahre alt ist. Hält seine Beziehung mit Isabelle für schicksalhaft, weil das Wiedersehen am 11. September 2001 nach einer Abreise aus New York passiert, kurz vor den Anschlägen auf das World Trade Canter, die seinen Kollegen Robert das Leben kosten – und die wohl auch Jakob getötet hätten, der eigentlich an dem Tag in dem Gebäude einen Geschäftstermin gehabt hätte. Jakob zieht eineinhalb Jahre danach mit Elisabeth nach London, um dort – anstelle des toten Robert – die Ansprüche enteigneter Immobilienbesitzer aus der DDR zu vertreten. Vertieft sich in die Arbeit, worüber ihm die Beziehung mit Isabelle entgleitet. Auch in Jakobs Darstellung spielen sexuelle Unsicherheit und Homoerotik eine Rolle: Jakob ist lange Objekt der Begierde seines Freundes Hans – was ihm erst durch die spätere Arbeitsbeziehung mit dem homosexuellen Kanzleichef Bentham bewusst wird. Der unterschwellige Riss in der Beziehung mit Isabelle wird vertieft durch eine Schlüsselszene, in der Jakob und seine Kanzlei-Kollegen nachts nach einem Theaterbesuch des Shakespeare-Dramas “King Lear” von fünf Männern bedroht werden. Jakob ist überfordert mit der realen Gewalterfahrung abseits der Bühne, während Isabelle es schafft, die Situation zu entschärften. Jakobs Hilflosigkeit treibt Isabelle zu dem gegenteilig gestrickten Jim.

Jim
Kleinkrimineller und Drogendealer, Ende 20, mit 13 von zu Hause nach London ausgerissen. Ist durch seine eigene Drogensucht in Bandenkriminalität abgerutscht, wird von Gangsterboss Albert zu Diebstahl, Prostitution und Dealerei gebracht. Hat zunächst eine Beziehung zu der ebenfalls drogensüchtigen Mae, die aus seinem Leben verschwindet, nachdem er sie in einem Anfall aggressiven Jähzorns verprügelt und mit einem Messer verletzt – Mae hatte Jim zuvor mit einem anderen Dealer betrogen. Träumt von einem besseren und finanziell unabhängiges Leben, verachtet aber zugleich diejenigen, die das Privileg haben, es zu führen. Die zwiespältige Lebenseinstellung spiegelt sich in seinem zufällig entstehenden Verhältnis zu Isabelle, die er in einem Café anspricht und ihr nachstellt, weil er die vermisste Mae in ihr erkennt. Jim lässt Isabelle nach einem plötzlich anmutenden Sinneswandel verächtlich stehen – und geht dann trotzdem wieder auf sie ein, als sie unvermutet auf seine Annäherung anspringt und ihn am Ende des Romans in die von ihm bewohnte Wohnung folgt, wo Jim Isabelle schließlich doch erniedrigt und zurückstößt.

Sara und Dave:
Zwei Geschwister aus prekären Londoner Verhältnissen, vom alkoholkranken Vater und der überforderten Mutter geschlagen und wie eine Gefangene gehalten, Sara ist in ihrer Entwicklung zurückgeblieben – was sich unter anderem darin ausdrückt, dass sie ihr Bett nässt. Ihre Geschichte verbindet sich sowohl mit der von Jim, als auch der von Isabelle, die mit Jakob in dieselbe Londoner Gegend zieht. Isabelle wird auf Sara aufmerksam, beginnt sich um sie zu kümmern und verschafft ihr ärztliche Versorgung. Jim hilft Sara und Dave, der die jüngere Schwester zeitweise betreut, indem er ihnen mehrfach Zuflucht vor dem gewalttätigen Vater der beiden gewährt. Am symbolisch vielschichtigen Ende des Romans scheitern jedoch sowohl Jim als auch Isabelle daran, sich trotz Saras Defiziten um sie zu kümmern. Jim schlägt ihr aus Wut zwei Zähne aus, Isabelle lässt sie bei der Flucht aus Jims Wohnung im Stich. Auslöser der Szenen ist Saras Katze Polly, der am Ende nacheinander Sara und Isabelle aus Frust Gewalt antun, ehe Jim das Tier mit einem Wurf gegen die Wand tötet.

Bentham:
Chef der Anwaltskanzlei, für die Jakob in London arbeitet. 66 Jahre alt, homosexuell und als Jude in der Nazi-Zeit aus Deutschland ausgewandert. Ist alleinstehend, seit sein letzter Lebenspartner bei einem Motorradunfall gestorben ist, bleibt aber sexuell aktiv, indem er mit Strichern verkehrt. Der Umgang mit Bentham und seiner Geschichte löst bei Jakob verschiedene charakterliche Entwicklungen aus, die zu seiner Identitätskrise beitragen: Jakob ist fasziniert von Bentham, offenbart aber eine rätselhafte Scheu, das seiner Frau mitzuteilen. Benthams illusionslose Einstellung zu seiner beruflichen Aufgabe (“Warum auf etwas bestehen, was verloren ist, warum darauf, dass etwas geheilt wird? Es wird nichts geheilt”) sorgt außerdem dafür, dass Jakob seine eigene Haltung zum Thema Verlust und Heilung infrage stellt – inklusive des sich anbahnenden Verlustes seiner Beziehung mit Isabelle.

Andras:
Mit-Teilhaber der Grafik-Agentur von Isabelle, Freund und persönlicher Vertrauter. Liebt Isabelle, die seine Zuneigung jedoch nicht erwidert. Wendet sich dann stattdessen der Galeristin Magda zu.

Hans:
Freund von Jakob seit dessen Freiburger Studienzeit, hat homosexuelle Neigungen zu ihm – was Jakob aber erst spät bewusst wird.

Alexa:
Lesbische Fotografin, die in Berlin mit Isabelle zusammenlebt, bevor diese zu Jakob zieht. Spielt eine indirekte Rolle in der Entfremdung des Paars, als Isabelle sich nicht traut, ihrem Mann erotische Fotografien zu zeigen, die Alexa von ihr aufgenommen hat.

Hanna:
Ursprüngliche Besitzerin des Grafikbüros, in dem Isabelle arbeitet und zunächst Hannas Assistentin ist. Stirbt im Jahr 1996 früh an Krebs und vermacht Isabelle ihren Anteil an der Firma.

Peter und Sonja:
Mitarbeiter in Hannas Grafikbüro und Kollegen Isabelles. Kommen nach Hannas Tod zusammen und bekommen ein Kind.

Alistair:
Arbeitskollege von Jakob in der Anwaltskanzlei von Bentham. Macht Jakob mit Details aus der Lebensgeschichte des gemeinsamen Chefs vertraut. Steigert die Verwirrung zwischen Jakob und Isabelle in einer tranceartigen Begegnung, in der er Isabelle küsst und es beinahe zu gemeinsamen Sex mit den beiden kommt.

Damian:
Aus reicher Familie stammender Freund von Jim, der ihm während einer mehrmonatigen Reise sein Haus zur Verfügung stellt.

Mae Warren:
Ebenfalls drogensüchtige Freundin Jims, entstammt dem kriminellen Umfeld von dessen Boss Albert. Verschwindet nach Jims gewalttätigem Übergriff auf sie.